Johann Baptist Weigl zum Gedenken

Ein Universalgelehrter

Als er mit 69 Jahren in Regensburg verstorben war, hat ihn nicht nur die Regensburger Presse gewürdigt. Auch Dompropst Johann Baptist Zarbl hob an seinem Grab den hohen Bekanntheitsgrad „wenigstens in Deutschland“ hervor und sagte über ihn: „Er war zugleich Priester von nicht gewöhnlicher Bildung und etwa nur zureichenden Berufskenntnissen, er war ein Mann von großer, viel umfassender und, ohne Übertreibung, von außerordentlicher Wissenschaft und Gelehrsamkeit.“ Die Rede ist von Johann Baptist Weigl. Vor 240 Jahren, am 26. März 1783, wurde der Geistliche, Theologe, Mathematiker und Komponist in Hahnbach geboren.

Bis heute kennt man in Hahnbach den Hausnamen Weigl für das kleine Anwesen Haus Nummer 130, jetzt Mühlstraße 17, in dem der spätere Universalgelehrte geboren und aufgewachsen ist. Seine Eltern waren Caspar Weigl, Bürger, Maurergeselle und Nachtwächter, sowie Anna Maria Weigl, geborene Käufl, die Tochter eines Webermeisters. 

In Weigls Nachbarschaft wohnte Benefiziat Meyer. Dieser erkannte schon sehr bald das musikalische Talent des Kleinen und erteilte bereits dem Vierjährigen Gesangsunterricht. Als Johann Weigl sieben Jahre alt war, verschaffte ihm Meyer die Aufnahme in das Kloster Prüfening als „Singknabe“. Bis zu seinem zehnten Lebensjahr war Weigl dort. Sein Firmpate war Rupert Kormann, der hoch verehrte und damals weithin bekannte Abt des Klosters. Dort und später dann am Gymnasium in Amberg erhielt Weigl seine musikalische Ausbildung und die Voraussetzungen für weitere Studien. „Gleich wie in allen Gymnasialklassen war er an den beiden Lyceen in allen Kursen allezeit der Erste gewesen und hat gierig jede Gelegenheit zur Weiterbildung ergriffen“, ist in der Hahnbacher Chronik verzeichnet. 

1801 kehrte Weigl zum Benediktinerorden in Prüfening zurück und erhielt den Ordensnamen Frobenius. Mit 27 Jahren, nach seiner Priesterweihe am 31. Mai 1806, wurde er Katechet und Vizeinspektor an dem vornehmen adeligen Mädchenpensionat im Kloster „De Notre Dame“, also „Unserer Lieben Frau“, in Stadtamhof im Norden Regensburgs. Dann folgten weitere Berufungen zum Professor, zu Rektoratsführungen bis hin zum Domkapitular und Verantwortlichen für die Kirchenmusik im Regensburger Dom St. Peter. Darüber hinaus fungierte Weigl als Vorsteher des Ehegerichts der Diözese. In all seinen Funktionen fand er „allgemein hohe Anerkennung als Gelehrter und Wissenschaftler“. Noch heute zeugen von seinem Talent ungezählte Bücher und Kompositionen in den bischöflichen Archiven in Regensburg und Eichstätt sowie in der Staatsbibliothek in München.

Reiche Begabungen

1817 schrieb der spätere Bischof von Regensburg Johann Michael Sailer, damals Professor in Landshut und Erzieher des späteren Königs Ludwig I., sogar das Vorwort für Weigls „Katholisches Gebet- und Gesangbuch für nachdenkliche und innige Christen“. Sailer hielt fest wünschte darin unter anderem, „daß dieses Buch die Bildung des Verstandes und des Gemütes und mancherlei Belehrungen zu vereinen wußte und daß die Andacht, die wahrhaft himmlische Muse in den Chören unserer Musensöhne wieder freundliche Herberge finden möge“.

Weigl veröffentlichte neben vielen anderen Kompositionen von Litaneien, Vespern, Konzerten und Messen auch zehn Anrufungen zum eucharistischen Segen, dem „Tantum ergo“ und sieben Variationen zu „Pange lingua“, jenem Text, der bis auf Thomas von Aquin und das Jahr 1263/1264 zurückgeht. Mit einem Melodienband zu seinem Gebet- und Gesangbuch wollte er dem Wunsch und Verlangen nach Einführung deutscher Kirchengesänge „zur besseren Erfassbarkeit und zu mehr Andachtserbauung“ dienen. War dies damals für die Studierenden sogar durch königliche Verordnung vorgeschrieben, so wollte Weigl aber mehr. Er hatte sich nämlich zu einem seiner Ziele gemacht, die „zu üppigen Auswüchsen führende theatralische Kirchenmusik“ zurückzudrängen. Doch dies ist ihm nur zeitweise gelungen. Als Gegenspieler verhalf der bekannte Kanonikus Carl Proske mit Billigung des Bischofs der „altklassischen Kirchenmusik“ bald darauf wieder „neues Ansehen“. 

Aber nicht nur für kirchliches Liedgut engagierte sich Weigl. Er schrieb auch 40 Schullieder, Kantaten, Kanons und manches mehr. Vieles davon befindet sich bis heute in der Proske-Musik-Bibliothek im Bischöflichen Zentralarchiv in Regensburg.

Weigls Begabung ging auch über die Musik hinaus. 1811 publizierte er ein 560-seitiges Lehrbuch über die Rechenkunst, die Arithmetik und Algebra, „zum öffentlichen Gebrauch und Selbststudium“, welches in ganz Deutschland und selbst in England Verbreitung fand. Zudem wies er nach, dass die auf den römischen Mönch Dionysius Exiguus zurückführende Zeitrechnung um vier Jahre zu spät dran sei, was ja mittlerweile als allgemein anerkannt gilt.

Seine Sprachkenntnisse, vor allem der „toten Sprachen“ wie Latein, Altgriechisch und Althebräisch, sollen ebenso laut einer kurzen Biografie zu seinen dreibändigen Kanzelvorträgen „hervorragend“ gewesen sein. Große Anerkennung erhielt seine Übersetzung des Buchs „De imitatione Christi“ („Über die Nachfolge Christi“) von Thomas von Kempen, das er König Ludwig I. widmete. Mit zwei weiteren Übersetzern war er auch an dem sechsbändigen Werk des Jesuiten Alphons Rodriguez „Übung der Vollkommenheit und der christlichen Tugenden“ beteiligt. Auch eine „Populäre Erdglobus­lehre“ stammt aus seiner Feder. Doch sein eigenes, von ihm in Latein handgeschriebenes und festgebundenes Tagebuch ist leider immer noch nicht wissenschaftlich erfasst. 

Beim bekannten Sulzbacher Verlag des Johann Esaias von Seidel ließ Weigl viele seiner Veröffentlichungen drucken. In einer nach seinem Tod erstellten Sammlung finden sich unter anderem 15 verschiedene Predigten zum Fest des heiligen Jakobus, dem Patron der Hahnbacher Pfarrkirche, und auch eine Predigt, die er am Hochfest Mariä Himmelfahrt am 15. August 1815 auf dem Frohnberg gehalten hat. In seiner Predigt bei der Primiz des Neupriesters Christoph Trösch am 31. Juli 1842 lobte Weigl besonders seine „geliebte Vaterstadt, diese fruchtbare Mutter katholischer Priester“ (bis dahin wusste man immerhin von 97 Geistlichen, die aus Hahnbach stammten). 

Johann Baptist Weigl war offensichtlich als Prediger und Lehrer sehr geschätzt, denn zur 1100-Jahr-Feier der Diözese war er es, der im Dom St. Peter in Regensburg die Predigt hielt. Seine Aufzeichnungen der Vorlesungen als Professor für Kirchenrecht und Kirchengeschichte sollen sich im Kloster Metten befinden, sind dort derzeit aber leider nicht auffindbar.

Bemerkenswert ist auch Weigls 78-seitige Biografie über Maximilian Prechtl, den aus Hahnbach stammenden letzten Abt des Klosters Michelfeld. Weigl würdigt darin besonders, dass selbst die Protestanten dessen „irenische (d. h. friedliebende) Schriften“, mit denen Prechtl für eine echte Ökumene warb, „ihn nicht tadeln konnten“, sondern er ihnen „der Würde und der Gründlichkeit wegen sogar ihre Achtung abnötigte“. 

Hohe Auszeichnungen

Zu Recht wurde Weigl „wegen seines segensreichen Wirkens und seiner großen Verdienste um Schule, Staat und Kirche“ mit dem Ritterkreuz I. Klasse des königlich bayerischen Verdienstordens des heiligen Michael dekoriert. Die „höchste Ehre“ wurde ihm zuteil, als er am 27. Juli 1850 zum „Außerordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften“ ernannt wurde. Weigl habe „sich in der literarischen Welt einen bleibenden Namen durch seine gediegenen Schriften“ erworben, schrieb bereits der „Sulzbacher Kalender von 1848“. 

Mit 69 Jahren verstarb Weigl in Regensburg am 6. Juli 1852 an einer Lungenlähmung. Erst zehn Jahre später, vom 4. bis zum 8. Oktober 1862, wurde in Regensburg sein verbliebener Nachlass versteigert. In der Hahnbacher Pfarrkirche erinnert an den berühmten Sohn des Marktes jenes überdimensionale Kreuz im Turmzimmer, welches Johann Baptist Weigl 1819 der Pfarrkirche St. Jakobus gestiftet hat und neben dem der Toten der Pfarrgemeinde würdig gedacht wird. 

Marianne Moosburger

22.03.2023 - Bistum Regensburg